Der Funke Gottes
27.07.2019–10.11.2019
Kuratiert von Alexander Ochs and Dr. Holger Kempkens.
Mit u. a.: Marina Abramović, Ai Weiwei, Nobuyoshi Araki, Ernst Barlach, Georg Baselitz, Joseph Beuys, Valerie Favre, Katharina Fritsch, Leiko Ikemura, Wilhelm Lehmbruck, Via Lewandowsky, Oliver Mark, Olaf Metzel, Hermann Nitsch, Meret Oppenheim, Karl Schmidt-Rottluff, Andy Warhol.
Im Jahr 2011 hat der Künstler Oliver Mark Benedikt XVI. fotografiert. Im prunkvollen Goldrahmen präsentiert sich das Oberhaupt der katholischen Kirche jedoch nur ausschnitthaft. Lediglich die vor der Körpermitte gehaltenen Hände sind in der Aufnahme zu sehen. Die einzigartige Stellung des Papstes wird durch Pektorale und die ihm vorbehaltene weiße Gewandung verdeutlicht. Auch die in ihrer Gegensätzlichkeit sehr aussagekräftige Haltung seiner Hände trägt zur Charakterisierung bei. Aktiv ist die Linke in rhetorischem Gestus nach oben gerichtet. Die Rechte jedoch, die den goldenen Fischerring trägt, ist müde nach unten gewandt. Sowohl Ehre und Würde als auch die schwere Verantwortung, die mit diesem Amt verbunden sind, werden in eindrücklicher Weise in dem Porträt der Papsthände erfahrbar.
Der Fotograf Oliver Mark (*1963, Gelsenkirchen/Deutschland) inszeniert Prominente in ungewöhnlichen Posen. Sie zeigen ironische Kommentare zum Status der Abgelichteten, spielen mit Versatzstücken ihrer Lebens- und Arbeitswelt, wie bei dem Porträt der Bildhauerin Alicia Kwade, bei dem unklar bleibt, ob er sie in ihrem Atelier vor einer neuen Arbeit inszeniert, oder selbst die Kulisse seiner Aufnahme zusammenstellte.
Auch der Maler Clemens Krauss findet sich in einem kommentierenden Ambiente zu seinem Werk. Der Künstler, der mit pastos, direkt auf die Wand gemalten, gesichtslosen Masseninszenierungen bekannt wurde, lagert auf einem Bett, das aus einem Museumkontext stammen könnte. Um ihn herum Bilder von Krauss und ein blutrot durchtränktes Hemd, das an die Performance von Hermann Nitsch erinnert. Minutiös plant er den Prozess, der für den Fotografen für das Gelingen eines Bildes ausschlaggebend sei. Mit dem Zufall arbeitet der Künstler nach eigener Aussage selten. Als Stilmittel setzt Mark mitunter schwulstige Bilderrahmen als Motiv ein, die als Spannungsgeber, als Begrenzung und Botschaft fungieren. Sie erzeugte assoziative Nähe zur Altmeistermalerei, verstärken das mehrmals in sei- nem Werk wiederkehrende Motiv der Hände, wie die von Papst Benedikt, den er 2011 in Erfurt fotografierte. Als bekennender Christ (ZEIT, 2019) bearbeitet er auch immer wieder religiös orientierte Themen, wie die Schwarzweiß-Fotografie, in deren Zentrum ein Säugling, eingeschlagen in ein dunkles Tuch in den Himmel schaut. Von seiner Brust ausgehend strebt ein heller Bereich, der Blattwerk zu erkennen gibt und vermutlich durch eine Doppelbelichtung entstanden ist.
Katja Triebe, 2019